Schnell und günstig, aber nicht gut!

You are a threat to their existing view of the world. They cannot comprehend the complexity of the rejected theory because they lack competence. On top, the system is dominated by men who love to attack serious scientists.

Welche Werte gehen vor? Vermeintlich schnelle und billige Klicks, oder Werte, die mit Respekt für Mensch, Gesellschaft und Umwelt, sowie Integrität zu tun haben?


[mikimaur] In den letzten Monaten haben wir unsere Recherchen im Zusammenhang mit der Aktion #StopFundingHateNow ausgebaut und finden täglich Werbebanner in einem Umfeld geschaltet, das u.E. nicht zur Philosophie des Werbeauftraggebers passen kann, beziehungsweise die Anzeige auf einer Plattform landet, deren Agenda und Ziele nicht mit den Werten übereinstimmen können, die die beworbene Marke vertritt. Es handelt sich dabei um bereits über 700 Unternehmen, deren Werbung wir regelmässig auf Seiten wie Waynedupree, SputnikNews, TheGatewayPundt etc. finden.

Wieso geschieht das und was soll man dagegen tun?


Brand-Value, Brand-Safety, Brand-Suitabilty sind Themen, mit denen sich viele Unternehmen bzw. ihre Marketing- und Kommunikationsabteilungen befassen. Dabei geht es nicht nur darum, dass Werbung in einem Umfeld gezeigt wird, das evtl. als geschmacklos empfunden werden könnte. Viele Unternehmen stehen, und ich wiederhole mich gerne immer und immer wieder, v.a. seit unserer #StopFundingHateNow Kampagne zu ihrem Entscheid, weder dubiose Netzwerke mit Werbegeldern zu finanzieren noch voreingenommene Journalisten oder Verlage zu unterstützen, die Personen oder Personengruppen diskriminieren oder diskreditieren oder Fake-News sowie Desinformation verbreiten.


Als Media-Stratege mit mittlerweile bald 25 Jahren Berufserfahrung erkläre ich Unternehmen als auch angehenden Berufskollegen und -kolleginnen, dass Mediaplanung nicht gleich Mediastrategie ist. Jeder Planung muss eine Analyse der beeinflussenden Faktoren vorangehen, die wir die drei Ms nennen:
  1. Marke 
  2. Markt 
  3. Menschen 
Die Marke ist der Leuchtturm, der im hartumkämpften Markt den Menschen (Interessenten, Konsumenten, Partnern, Mitarbeitern etc.) wie ein Indikator dient und einen Grund gibt, sich für oder gegen sie zu entscheiden. Unternehmens- und Markenwerte sind m.E. daher ein Grundpfeiler der gesamten Kommunikations- und in der Folge auch Media-Strategie.

Ein bekannter Automobilkonzern hat für seine Unternehmenswerte das Motto «Together4Integrity» gewählt und zählt diese Punkte darin auf:
  • Wir tragen Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft.
  • Wir sind aufrichtig und sprechen an, was nicht in Ordnung ist.
  • Wir wagen Neues.
  • Wir leben Vielfalt.
  • Wir sind stolz auf die Ergebnisse unserer Arbeit.
  • WIR statt ich.
  • Wir halten Wort.
Passt das zu einer Anzeige auf Breitbart, wenn man weiss, welche Werte Breitbart verkörpert? Selbstverständlich nicht. Aber wieso landet ein Banner des Konzerns auf einer Seite wie Breitbart, zu denen wir mehrere hundert Seiten zählen, die zusammen jeden Monat über 50 Millionen Visits aus dem Deutschsprachigen Raum generieren?
Es existieren dazu viele Meinungen. Wir setzen für unsere Audits die Analytics von Dr. Augustine Fou, und sind der Überzeugung, dass:
  1. Die Mediastrategie nicht bekannt oder zT. gar nicht vorhanden ist
  2. Die Stake-Holder Aufträge verteilen und akzeptieren, ohne dass die Unternehmenswerte als feste KPIs in die Planungen einfließen
  3. Die Stake-Holder Aufträge verteilen und akzeptieren, die ausschließlich auf vermeintliche Kostenoptimierung hinauszielen
  4. Die Stake-Holder Aufträge verteilen und akzeptieren, ohne das System und dessen Spieler bzw. Spielregeln zu kennen

Problem Nummer 1: Der vermeintliche Zeit- und Kostendruck.


Das hat zur Konsequenz, dass Agenturen oder in-house Planer und Planerinnen Media unter dem Aspekt «schnell und günstig» umsetzen, aber nicht «gut»! Schnell und günstig bedeutet nämlich, dass man selbst keine Ressourcen aufwenden möchte, um die Bad-Players am Markt zu ermitteln. Dabei geht es nicht nur um Plattformen, wie Breitbart, Waynedupree, Epochtimes etc., sondern auch um Seiten, die ihr Dasein damit begründen, möglichst viele Adimpressions billig zu generieren, um diese am Markt mit gewaltigen Margen mit der Hilfe von Bots absetzen zu können. Die Stake-Holder haben aus Ressourcen- und Margengründen nicht nur ihr Wissen verkümmern lassen, sondern dieses Wissen den Ad-Tech-Playern vollumfänglich übergeben. Damit sind sie aber in ein Abhängigkeitsverhältnis geraten, aus dem sie sich nur mit Mühe und Zeit befreien können:

Irrtum Nummer 1: «Blocklisten»:
Wer befindet sich auf dieser Blockliste?
Wie werden Dark-Pools und/oder Domain-Spoofs erkannt?
Von wem stammen diese Listen, wer überprüft sie in welchem Turnus?

Irrtum 2, «Brand-Safety Filter»:
Warum landen Banner dennoch statt auf Premium-Verlagsseiten auf No-name Seiten oder auf Seiten, die Fake-News und Desinformation verbreiten?
Was wird genau wo gefiltert. Ist es die Buchrezension über das Dekameron in einem Feuilleton oder doch der verbale Ausguss eines Faschisten?

Irrtum 3, «Ad-Fraud und Viewability» Tools:
Was genau wird gefunden und aus welchem Grund gefiltert?
Wo wurden welche Viewabilty Werte gemessen und wie kamen diese zustande?

Irrtum 4, «Targeting» Möglichkeiten:
Warum sehe ich als männlicher «Boomer» ständig Werbung für junge Frauenmode, Hörgeräte, hippe Running-Schuhe, Nähmaschinen, Bügeleisen? Weil ich wohl irgendwo in einer Datenbank als junggebliebener, weltoffener Schneider erfasst wurde? Das glaubt hoffentlich niemand.

Falle A, «Optimierungsalgorithmen», die nach dem relevantesten Klick zum besten Preis suchen und danach optimieren: 
Aber wenn all die Filter nicht funktionieren sollten, woher weiss ich, ob der Algorithmus nicht nur Bot-Klicks bevorzugt?

Falle B, Ad-Tech 360° «Dashboards»:
Stake-Holder müssen nicht mehr Zahlen und Werte analysieren. Sie bekommen alles frisch aus der Konserve als wunderschöne grafische Darstellung geliefert. Aber wenn die oben genannten Parameter sowieso falsch sind, was nützt mir ein Dashboard?

Aber genau das passiert jedes Mal, wenn ein Unternehmen eine programmatische Display-Kampagne plant, einkauft und umsetzt. Niemand stellt mehr Fragen, ob das, was die Konserve liefert, auch stimmen kann. Man will sich m.E. keine Blösse geben, nicht die richtigen Fragen stellen oder die Antworten dann auf deren Richtigkeit überprüfen zu können.

Das führt uns zum nächsten Problem, nach dem vermeintlichen Zeit- und Kostendruck: 


Problem 2: Bequemlichkeit und Unwissenheit.


Und genau hier greifen sowohl clevere Ad-Techs und Fake-News-Seiten als auch Fraudsters ein. Sie schöpfen IMO parasitär von der immensen Nachfrage ab und nähren das System mit Märchen wie «Long-Tail sei wegen der Reichweite» nötig oder «Fraud liegt bei unter 2%» oder «unsere Technologie ist zertifiziert». Ohne Wissen muss man alles glauben. Und die Geschichte hat uns gezeigt, dass wenn nur genügend Menschen lange an etwas glauben, dann akzeptiert man dieses Glauben mit der Zeit als Wissen. Tönt irgendwie nach Dogma, oder? Wehe dem, der zu viele Fragen stellt.

Aber wenn die vielen Ad-Techs doch nicht so funktionieren, wie nun viele glaubten, wie soll ein Unternehmen oder dessen Agentur wissen, wie sie ihr selbstverschuldetes Brand-Value und/oder Ad-Fraud Problem lösen kann? Wer soll diese Gatekeeper-Funktion übernehmen, da sie sicherlich (scheinbar?) Ressourcen intensiv ist? Es ist keine Rocket-Science, aber der Prozess braucht seine Zeit, um korrekt umgesetzt zu werden.

Beginnen kann man damit, was Sie als Marke aktiv unternehmen können, ohne von Vermarktern und Ad-Tech-Unternehmen abhängig zu sein:

Bauen Sie Ihr Know-how auf. Unabhängige (!) Experten und Auditoren können Ihnen mit Rat & Tat zur Seite stehen.
  • Definieren Sie klare interne Prozesse für Digitalkampagnen und bauen Sie diese auch in die Must-haves für alle Digitalmarketing-Verträge ein. Also muss u.a. jeder Media-Plan mit der Media-Strategie und diese mit den Marken-/Unternehmenswerten gegengeprüft werden.
  • Gründen Sie eine vom Marketing unabhängige Controlling-Stelle (intern oder durch ext. Auditor) und gehen Sie dann wie folgt vor: 
    • Verlangen Sie immer vollständige Site-Reports u.a. auf Domain und ancestorOrigins Ebene, planned sowie ex-post. 
    • Streichen Sie alle Seiten, die Sie aus Markensicht nicht mehr buchen wollen. 
    • Streichen Sie alle Seiten, von denen Sie mit der Hilfe der Controlling-Stelle wissen, dass es sich um Fake-Seiten handelt. 
    • Erstellen Sie eine Liste mit den Seiten, die noch übrig sind. Pflegen und aktualisieren Sie diese Liste und teilen Sie sie mit niemandem. 
  • Tauschen Sie best practice Cases mit anderen unabhängigen Experten aus. 
  • Auditen Sie laufend Ihre Digital-Kampagnen nicht nur auf Brand-Safety sondern auch auf Ad-Fraud und anderen KPIs. 
  • Das Konzentrat oder Include-Liste dieser «bereinigten» Seiten ist die Basis Ihrer zukünftigen Kampagnen, die Sie zum grössten Teil sogar direkt mit den Verlagshäusern verhandeln können. 
  • Optimieren Sie nun nach den KPIs, Marken-KPIs sollten jetzt zumindest erfüllt sein, die Sie für die jeweilige Kampagne definiert haben, verzichten Sie jedoch auf manipulierbare Kenngrössen wie «Klicks», «Impressions» etc., sondern fokussieren Sie sich auf KPIs, die nur für echte Menschen und nicht Bots gelten! 
Wir haben bei unseren Audits Kampagnen vorgefunden, die über 6000 Domains enthielten. Mittels unserer Analytics konnten wir beweisen, dass unter Umständen mehr als 80% des von echten Menschen generierten Traffics auf ca. 100 Seiten beschränkt war, die Auftraggeber jedoch auch für all die Fake- und Hass-Seiten zur Kasse gebeten wurden.

So betrachtet ist eine Investition in Know-how-Aufbau und Media-Controlling nach wenigen Monaten amortisiert. Was würden CEOs, CFOs und Aktionäre zu dieser grossartigen Nachricht sagen? Wir können es uns vorstellen.